Mittwoch, 20. Oktober 2010

Portrait of Hell (Japan / 1969)

Orig-Titel: 地獄変 Jigoku-hen

So langsam muss ich wieder einmal etwas schreiben, sonst verlerne ich es noch in die Tasten zu hauen. PORTRAIT OF HELL gibt dazu einen kleinen Anlass, ist der Streifen doch wirklich gut gelungen und endet mit den Worten, „Das Leben ist oft mehr Hölle, als die Hölle selbst“. Diese Zeilen sind Programm und stammen von Drehbuchautor Ryunosuke Akutagawa, der sich auch für das Drehbuch zu RASHOMON verantwortlich zeichnet.

Koreaner in Japan. Eine Gruppe gefangen genommener fristet hier ihr trauriges Dasein. Sie sind Außenseiter, doch macht sich der hiesige Landesherr Lord Hosokawa ihre Fähigkeiten zu Nutze. Besonders die von Yoshihide, einem begabten Maler. Die Grausamkeit des Herrschers lässt dessen Bilder aber immer mehr zu Zerrbildern des Schreckens werden. Erst recht, als ihm die geliebte Tochter genommen wird. Als Konkubine soll sie Hosokawa dienen. Für den Vater eine fast unerträgliche Sache. Verzweifelt versucht er sie zurückzubekommen. Vergebens. Damit ist alles Fröhliche in seinem Leben gestorben. Und weil er nun keine liebevollen und angenehmen Bilder mehr zustande bringt, verlangt der Fürst eines, das die Schrecken der Hölle zeigt. So stürzt sich Yoshihide in die Arbeit, mit einem finsteren Plan im Kopf…

Ich kenne RASHOMON und halte ihn für einen der besten japanischen Filme, die ich in den letzten Jahren sehen durfte. Er hat eine so herrliche und vor allem einfache Geschichte. Er reißt mit und das nicht allein durch Akira Kurosawas meisterhafte Regie. Ryunosuke Akutagawas Drehbuch ist die Basis und wie oben schon erwähnt, verfasste der das Drehbuch zu PORTRAIT OF HELL. Und ebenso wie bei RAHSOMON ist es ein gutes Drehbuch, das Regisseur Shiro Toyoda da verfilmen durfte. Mit seinem Namen konnte ich überhaupt nichts anfangen und auch der Blick in die Filmografie brachte keinen Aha Effekt. Egal. Er macht seine Sache hervorragend und inszeniert das Geschehen sehr ansprechend. Besonders die dafür genutzten Bildkompositionen beeindrucken. Zuweilen sind sie selbst wie Gemälde. Genau getimt. Genau konstruiert. Perfekt ausgeleuchtet.
Dass sich das Geschehen hauptsächlich auf Sets der Toho abspielt, stört dabei nicht im Geringsten, sondern verleiht dem Ganzen nur noch mehr künstlerisches Flair. Maler, Bilder. Darauf ist es ausgerichtet.
Dass eine solche Horrorgeschichte, die den Bereich des Realismus zu verlassen scheint, die nötigen Effekte braucht um visuell noch fesselnder zu werden, versteht sich von selbst. Dazu wird auf Überblendungen, Modellbauten und Seiltricks zurückgegriffen. Recht einfach gehalten, doch sehr effektiv und für Freunde klassischer Streifen ein absoluter Hochgenuss. Diese optischen Leckerbissen (wie ich sie mal nennen möchte) bestimmen nicht das Geschehen, sondern bleiben stets im Kontext der Geschichte haften. Sie verkommen nicht zum Selbstzweck. Das richtige Maß ist ja entscheidend.
In diesen beeindruckenden Bildern müssen sich die Darsteller dann gut anstrengen, um nicht unterzugehen. Aber da braucht man keine Sorge haben, denn Tatsuya Nakadai ist zugegen und verkörpert Maler Yoshihide. Er dürfte aus Akira Kurosawas KAGEMUSHA bestens bekannt sein, wo Nakadai ja eine Doppelrolle spielt und mehr als zu überzeugen versteht. Er beeindruckt durch hervorragendes Spiel und bleibt sicherlich jedem im Gedächtnis, der dieses Meisterwerk gesehen hat. In PORTRAIT OF HELL steht er meines Erachtens diesen Leistungen in kaum etwas nach. Auch hier ist sein Minenspiel überzeugend und seine Emotionen beeindruckend. Besonders im Zusammenspiel mit Kinnosuke Nakamura, dem Landesherren Hosokawa, kommt dies zum tragen. Nakamura dürfte vielen übrigens als Itto Ogami aus der Fernsehserie KOZURE OKAMI bekannt sein, die in Deutschland glaube ich sogar auf DVD erschienen ist. Und als drittes erwähnen möchte ich noch Yoko Naito, die den Part der geplagten Tochter Yoshika inne hat. Ihr Gesicht kam mir bekannt vor, doch so richtig einzuordnen wusste ich nicht. Erst der Blick in die Filmografie brachte es ans Licht. In SWORD OF DOOM – der vor einiger Zeit bei RapidEye auf DVD erschien – spielte sie eine wichtige Rolle. Optisch ist Yoko Naito überaus ansprechend und als Dieses eine wirkliche Bereicherung. Schauspielerisch Punkten, so richtig vermag sie das allerdings nicht (oder zu wenig). Aber das liegt einfach an ihrer zu geringen Screentime. Und dennoch, sie ist wichtig und unverzichtbar, um beim Zuschauer die entsprechenden Emotionsknöpfe zu drücken.
Abgerundet wird alles dann mit der Musik von Yasushi Akutagawa. Ansprechende Klänge, die das Geschehen passend zu untermalen verstehen und sich dabei nicht in den Vordergrund drängen. Im Stile der Zeit, etwas erinnernd an Hammer.

PORTRAIT OF HELL ist ein gelungener Horrorfilm aus Japan. Durch sein Entstehungsjahr 1969 und die vorwiegende Studioarbeit hat er für mich etwas von den britischen Hammer Filmen. Durch die wirklich beeindruckenden Bildkompositionen, die besondere Ausleuchtung der Szenen und die gebrachten Effekte, die besonderen optischen Reiz im herumschwirren von Feuerfunken und dem Fallen von Schnee haben, hat es dennoch seinen ganz eigenen Stil. Und nicht nur optisch ist der Film unterhaltsam. Die Geschichte ist gut und ansprechend inszeniert und die Darstellerriege, allen voran Tatsuya Nakadai, trägt das Ihrige bei.
Ich bin beeindruckt und wurde kurzweilig und angenehm unterhalten.

Wertung: 7,5/10


Kurz zur DVD:

Die amerikanische DVD von AnimEigo, die ich mir kaufen konnte, ist von der optischen Aufmachung her nur wenig ansprechend. Kein angenehmes Cover prangt auf der Hülle, sondern ein mehr schlecht als recht zusammengeschustertes Motiv. Hier hätte ich mir die Abbildung eines schönen alten Kinoposters gewünscht.
Die Qualität des aufgespielten Filmes lässt die anfängliche Enttäuschung jedoch schnell vergessen. Das Bild ist farbsatt, scharf und mit gutem Kontrast. Der Ton kommt mit klaren Stimmen und gutem Monoklang daher und die englischen Untertitel punkten durch gute Lesbarkeit, farbliche Unterschiede bei verschiedenen Sprechern und auch sonst aufwändige Produktion. So wurden sämtliche Namen des Vorspannes übersetzt und gibt es im oberen Bildbereich sogar kleine Erklärungen, wie sie sonst nur bei Fan-Subs zu finden sind.
Sieht man vom enttäuschenden Cover ab, bekommt der geneigte Interessent bei AnimEigo eine gelungene Scheibe, die sogar zwei Kinotrailer aufbieten kann, sowie Biografien zu Cast & Crew.

Wertung: 6,5/10